BGA-Update: Arbeitszeiterfassung
Wir beziehen uns auf unsere DAH-Chef-Infos vom 24.04.2023 und 19.06.2023, mit denen wir Sie über die aktuelle Entwicklung zur Arbeitszeiterfassung informiert haben. Der BGA hat nun ein erneutes Update erstellt, das wir Ihnen hiermit gerne zur Verfügung stellen.
Liebe Mitglieder,
nach unseren Informationen scheint sich die Bundesregierung intern darauf einzustellen, dass in dieser Legislaturperiode das Thema Neuregelung der Arbeitszeiterfassung nicht mehr ernsthaft verfolgt wird. Obwohl zunächst im Frühjahr und dann zum Sommer eine Referentenentwurf und eine Kabinettsbefassung mit dem Thema angekündigt waren, taucht die Arbeitszeiterfassung nach wie vor weder auf den Kabinettsthemenlisten noch in der Vorhabenübersicht des BMAS aus. Hintergrund ist, dass nach einem im April inoffiziell geleakten Entwurf die FDP durch Bundesfinanzminister Christian Lindner einen Brief an die Bundesregierung verfasst hat, in dem die FDP als Regierungspartner auf die Einhaltung der Vereinbarungen des Koalitionsvertrags besteht – also eine Einigung bei der Neuregelung der Arbeitszeiterfassung nur bei Schutz der Vertrauensarbeitszeit und gleichzeitiger Ausweitung der Arbeitszeitflexibilität.
Die entsprechende Passage auf S. 54 des Koalitionsvertrages lautet:
“Um auf die Veränderungen in der Arbeitswelt zu reagieren und die Wünsche von Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmern und Unternehmen nach einer flexibleren Arbeitszeitgestaltung aufzugreifen, wollen wir Gewerkschaften und Arbeitgeber dabei unterstützen, flexible Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen. Wir halten am Grundsatz des 8-Stunden-Tages im Arbeitszeitgesetz fest. Im Rahmen einer im Jahre 2022 zu treffenden, befristeten Regelung mit Evaluationsklausel werden wir es ermöglichen, dass im Rahmen von Tarifverträgen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen und in einzuhaltenden Fristen ihre Arbeitszeit flexibler gestalten können. Außerdem wollen wir eine begrenzte Möglichkeit zur Abweichung von den derzeit bestehenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes hinsichtlich der Tageshöchstarbeitszeit schaffen, wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, auf Grund von Tarifverträgen, dies vorsehen (Experimentierräume). Im Dialog mit den Sozialpartnern prüfen wir, welchen Anpassungsbedarf wir angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Arbeitszeitrecht sehen. Dabei müssen flexible Arbeitszeitmodelle (z. B. Vertrauensarbeitszeit) weiterhin möglich sein.”
Diese von der FDP geforderte Paketlösung stößt jedoch auf den klaren Widerstand der DGB-Gewerkschaften. Diese wollen erstens keine Regelung im Arbeitszeitgesetz, sondern nur im Arbeitsschutzgesetz. Und zweitens wird jede Abweichung von der Tageshöchstarbeitszeit von Gewerkschaftsseite abgelehnt. Hierin sind sich alle Gewerkschaften einig und haben dies auch dem BMAS gegenüber deutlich gemacht. Die Ablehnung geht sogar so weit, dass die IG Metall auf Ihrem bevorstehenden Bundeskongress einen Beschluss fassen lassen will, mit dem Ausweitungen des Arbeitszeitgesetzes oder sog. Experimentierräume ausgeschlossen werden sollen. Sollte dieser Beschluss angenommen werden, wären dem Bundesarbeitsministerium faktisch die Hände gebunden, da es nicht gegen den expliziten Wunsch der Gewerkschaften agieren wird. Stattdessen scheinen sich zumindest die Industriegewerkschaften nun eher in einzelnen Unternehmen auf die Möglichkeit der Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung durch ein Initiativrecht für Betriebsräte zu konzentrieren, das ein Urteil des LAG München vom 22. Mai 2023 einräumt.
Eine politische Befassung mit der Arbeitszeiterfassung oder auch der Arbeitszeitflexibilität ist vorerst also nicht in Sicht. Dennoch wird wir BGA weiter mit den zuständigen Berichterstattern der Regierungsfraktionen im Kontakt bleiben und das Thema weiter im Auge behalten.