Anbei erhalten Sie den Vorschlag der EU-Kommission zur Weiterentwicklung des EU-Gentechnikrechts vom 05.07.2023.

In Kürze:
EU-Kommissionsvorschlag zu neuen Züchtungsverfahren vorgelegt, Stellungnahmefrist 1. September, DER AGRARHANDEL bittet um Ihre Anmerkungen.

Im Detail:
Der Vorschlag der Kommission beinhaltet die Regulierung von Pflanzen, die mit neuen genomischen Verfahren (NGT) gewonnen wurden und deren Verwendung in Futter- und Lebensmitteln. Nach dem einschränkenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 25. Juli 2018, das Produkte, die mit neuen genomischen Verfahren hergestellt wurden, pauschal dem EU-Gentechnikrecht unterstellte, strebt die Kommission nun eine differenzierte Regelung für diese Produkte an.

Der vorgeschlagene Rechtsrahmen soll für Pflanzen gelten, die mithilfe bestimmter NGT, wie gezielter Mutagenese und Cisgenese oder Intragenese gewonnen wurden und in Futtermitteln und Lebensmitteln verwendet werden. Andere Genomtechniken sowie Mikroorganismen oder Tiere sind nicht erfasst. Für diese gelten weiterhin die bestehenden Vorgaben des EU-Gentechnikrechts. Das EU-Gentechnikrecht bleibt auch für die klassische Gentechnik mit Fremd-Genen (Transgenese) weiterhin anwendbar.

Pflanzen, die mithilfe von NGT entwickelt werden, sollen künftig in zwei Kategorien mit unterschiedlichen Verfahrens- und Prüfanforderungen eingestuft werden.

Kategorie 1 NGT-Pflanzen sind Pflanzen, die als gleichwertig mit konventionellen Pflanzen gelten und die Äquivalenzkriterien gemäß Anhang I des Vorschlags erfüllen. Gleichwertigkeit einer NGT-Pflanze liegt vor, wenn sie sich von der Empfänger-/Elternpflanze durch nicht mehr als 20 genetische Veränderungen in einer DNA-Sequenz unterscheidet, die eine Sequenzähnlichkeit mit der Zielstelle aufweist, die durch bioinformatische Werkzeuge vorhergesagt werden kann. Diese Pflanzen dürfen ausschließlich Genmaterial enthalten, das bereits im genetischen Pool der jeweiligen Art vorhanden ist. Alle Kategorie 1 NGT-Pflanzen könnten unabhängig von den angewandten Verfahren auch herkömmlich gezüchtet oder durch zufällige Mutation unter natürlichen Bedingungen entstanden sein.

Kategorie 1 NGT-Pflanzen sind von den Anforderungen des EU-Gentechnikrechts ausgenommen und werden rechtlich wie konventionelle Pflanzen behandelt. Allerdings besteht für Saatgut dieser Kategorie eine Kennzeichnungspflicht. Konsumware muss nicht gekennzeichnet werden (Vergleiche Anlage 2, Anhang I, Seite 1).

Kategorie 2 NGT-Pflanzen sind Pflanzen, die nicht die Kriterien der Kategorie 1 erfüllen. Unterschiede in der Kategorisierung werden im Wesentlichen anhand der Anzahl der technischen Eingriffe vorgenommen. Kategorie 2 Pflanzen unterfallen weiterhin dem Gentechnikrecht (Vergleiche Anlage 2, Anhang II, Seite 2).

Problematik für den Agrarhandel
Die Einstufung in Kategorien führt nach Ansicht des AGRARHANDELS zu Herausforderungen im internationalen Handel und beeinflusst die Handelsströme.

Der zwar wissenschaftlich begründbare aber primär politische Ansatz einer Trennung in Kategorie 1 und 2 existiert in anderen Ländern der Welt nicht. In Ländern wie den USA werden Pflanzen der Kategorie NGT 2 als konventionelle Ware gehandelt. Genom-editierte Pflanzen sind konventionell gezüchteten Pflanzen gleichgestellt. Unter diesen Umständen stellt sich die Frage, wie mit Konsumware der Kategorie 2 im internationalen Handel rechtssicher umgegangen werden soll.  Auch würden Kategorie 2 NGT-Pflanzen in Drittländern kein GVO Label erhalten. Importware aus Süd- und Nordamerika würde als konventionelle Ware auf den europäischen Markt stoßen. Eine Kennzeichnung dieser Ware ist nicht möglich, da es keine Nachweismöglichkeiten gibt, diese Ware überhaupt zu erkennen.

Die Frage der Patentierung von NZT-Pflanzen, die von vielen Interessenträgern kritisch gesehen wird, wird im Kommissionsvorschlag keiner Regelung zugeführt. Die Kommission will stattdessen die Auswirkungen von Patenten auf den Markt und die Züchtungsinnovation im Rahmen einer breiteren Marktanalyse genau beobachten. Darin soll der Zugang der Züchter zu genetischem Material und Techniken ebenso berücksichtigt werden wie die Verfügbarkeit von Saatgut für Landwirte und die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit der EU-Biotech-Industrie. Die Kommission wird bis 2026 über ihre Ergebnisse berichten.

Zu dem Kommissionsvorschlag findet derzeit unter dem nachstehenden Link eine öffentliche Konsultation der Kommission statt:

https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/13119-Rechtsvorschriften-fur-Pflanzen-die-mithilfe-bestimmter-neuer-genomischer-Verfahren-gewonnen-werden_de

Es besteht noch bis zum 28. September 2023 Gelegenheit zur Stellungnahme zum Kommissionsvorschlag zu den neuen Züchtungstechniken.

Bitte um Anmerkungen aus der Mitgliedschaft:
Mit Blick auf das weitere Beratungsverfahren zum Kommissionsvorschlag ist DER AGRARHANDEL  e.V.  an einer Einschätzung des Vorschlags aus der Mitgliedschaft interessiert. Gibt es neben der oben beschriebenen Problematik weitere Details, die Probleme für den Handel mit sich bringen würden? Wir wären Ihnen insoweit für die Übermittlung von Anmerkungen bis zum 5. September 2023 an: hecheltjen@der-agrarhandel.de dankbar.

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