Im Fokus Nr. 21 vom 01.06.2023
Ergebnisse des Agrar- und Fischereirates
Zu Beginn der Woche trafen sich die EU-Agrarminister im Rahmen des regelmäßig tagenden europäischen Agrar- und Fischereirates. Schwerpunkte der Tagesordnung waren der Entwurf der europäischen Verpackungsverordnung, die Marktsituation und unter Verschiedenes einige Punkte wie die Werkzeuge des Krisenmanagements zur Unterstützung der Landwirte sowie der Stand der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Australien.
Die neue Verpackungsverordnung soll die bisherige Richtlinie ersetzen und damit in vielen Bereichen eine EU-weite Harmonisierung der Vorschriften für Verpackungen und Verpackungsabfälle herbeiführen. Die Verordnung zielt darauf ab, die Menge der in der EU anfallenden Verpackungsabfälle zu verringern und gleichzeitig ein hohes Maß an Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten. Aus Sicht des deutschen Umweltministeriums bleibt der Entwurf teilweise hinter den in Deutschland bereits geltenden Anforderungen des Verpackungsgesetzes zurück oder ist aus Umweltsicht nicht ambitioniert genug. Daher setzt sich Deutschland auf europäischer Ebene für eine Anpassung des Entwurfs ein. Auch aus der Industrie kommt Kritik, etwa daran, dass der vorgesehene Vorrang für Mehrwegverpackungen ökologisch vorteilhafte Papierverpackungen aus dem Markt drängen würden. Insgesamt scheint der Vorschlag zu einem Tauziehen zwischen denjenigen zu werden, die eine ehrgeizige Wiederverwendung anstreben, und denjenigen, die argumentieren, dass das Recycling manchmal vorteilhafter für die Umwelt sein kann. Das Thema der Sammlung soll auch zukünftig in den Händen der Mitgliedsstaaten liegen, gerade der Agrarhandel geht hier mit Projekten wie VerenA oder Pamira mit gutem Beispiel voran und braucht den europäischen Vergleich nicht zu scheuen.
Der DAH-Ausschuss Betriebsmittel hat sich anlässlich der letzten Sitzung mit der Thematik befasst. Wir sehen durchaus eine Betroffenheit unserer Mitglieder, nicht zuletzt infolge etwaiger Dokumentationspflichten und werden den Fortgang dieses Vorschlages kritisch begleiten.
Im weiteren Verlauf der Sitzung erörterten die EU-Agrarminister die Lage auf dem Markt. Zu den angesprochenen Themen gehörten die anhaltenden Auswirkungen der hohen Energie- und Betriebsmittelpreise auf Landwirte und Lebensmittelproduzenten, die Herausforderungen, denen sich die Landwirte aufgrund der ungünstigen Witterungsbedingungen in Südeuropa gegenübersehen sowie Probleme in bestimmten Regionen und Produktionsrichtungen, darunter Milchprodukte, Viehzucht und die Sonderkulturen. Eine Reihe von Mitgliedstaaten forderte die Kommission auf, über die Agrarreserve zusätzliche Mittel für die am stärksten betroffenen Regionen und Sektoren bereitzustellen. Dabei sollte ein flexibler Ansatz verfolgt werden. Deutschland ist hier eher kritisch, die Agrarreserve dürfe den Charakter als Instrument für vorrübergehende Marktstörungen nicht verlieren.
Im Rahmen der Sitzung traf sich der ukrainische Minister für Agrarpolitik und Ernährung, Mykola Solskyi, mit den Ministern zu einem informellen Mittagessen. Dies diente dem Austausch, wie die EU und ihre Mitgliedstaaten die ukrainische Landwirtschaft kurz- und langfristig am wirksamsten unterstützen können. Leichte Unstimmigkeiten gab es bezüglich der Frage, ob die Schutzklausel zugunsten der Anrainer-Mitgliedsstaaten über den 5. Juni verlängert werden soll. Nach dieser Regelung dürfen Weizen, Mais, Raps- und Sonnenblumensaat aus der Ukraine lediglich als Transitware durch die östlichen Mitgliedsländer Polen, die Slowakei, Ungarn sowie Rumänien und Bulgarien transportiert werden. EU-Agrarkommissar Wojciechowski hat sich diesbezüglich bereits positiv geäußert, während z.B. Landwirtschaftsminister Özdemir eher die Bedenken der Ukraine teilt, die einen ungehinderten Marktzugang über die Solidaritätsrouten fordert.
Die nächste Zusammenkunft der EU-Agrarminister wird vom 11.-13. Juni 2023 in Stockholm stattfinden, die letzte Agrar- und Fischereiratssitzung unter schwedischer Ratspräsidentschaft findet dann Ende Juni statt.
DAH trägt Positionen nach Brüssel
Kommende Woche führt unser europäischer Dachverband Coceral alle internen Ausschuss-Sitzungen sowie die Vorstandssitzung und Mitgliederversammlung vom 5. – 7. Juni 2023 in Brüssel durch. Haupt- und ehrenamtliche Vertreter des DAH werden vor Ort sein und sich
u. a. wie folgt in die fachlichen sowie strategischen Diskussionen einbringen:
Im Bereich der Futtermittel- und Lebensmittelsicherheit wird es u. a. um die Kontamination von Futter- und Lebensmitteln mit Mutterkornsklerotien gehen. Wie wir berichtet hatten, sollen ab 1. Juli 2024 EU-weit die entsprechenden Höchstgehalte abgesenkt werden. Der DAH sieht im Grundsatz keine Notwendigkeit, die Grenzwerte wie vorgeschlagen herabzusetzen. Die geltenden Gehalte genügen nach unserer Auffassung den Anforderungen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes. Davon unabhängig betonen wir, dass die Agrarhandelsunternehmen stets ein hohes Eigeninteresse daran haben, dass Getreiderohstoffe sowie die daraus hergestellten verarbeiteten Erzeugnisse möglichst frei von Kontaminanten wie Mutterkornsklerotien und
Ergotalkaloiden sind, damit Warenverfügbarkeiten für die Wertschöpfungskette gewährleistet sind. Darüber hinaus sehen wir einen schwerwiegenden Zielkonflikt: Die Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln auf der einen Seite sowie steigender Krankheitsdruck/Kontamination in Verbindung mit strengeren Grenzwerten auf der anderen Seite.
Dieser direkte Zusammenhang der Grenzwertdiskussion mit der Reduktionsstrategie beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist aus Sicht des DAH stärker in der öffentlichen Kommunikation herauszustellen. Dies im Einklang mit der Kommunikation des Nutzens von Pflanzenschutzmitteln, da der öffentliche Diskurs äußerst stark auf die Risiken und Gefahren beschränkt ist.
Im Bereich der Märkte wird ein Schwerpunkt auf den Ausfuhren und dem entsprechenden Management von Getreide aus der Ukraine in der anstehenden Ernte sein. Bekanntlich ist das sog. „Getreideabkommen“ am 17. Mai 2023 um weitere zwei Monate verlängert worden. Dieses Abkommen hat bereits im vergangenen Jahr unerwartet hohe Ausfuhren ermöglicht, die zu einer Stabilisierung der Weltmarktpreise führten. Ukrainische Landwirte brauchen die Erlöse, die ihre Ware im Export erzielen kann und die Welt braucht das ukrainische Getreide. Das setzt allerdings eine funktionierende Logistik voraus, was bereits in der letzten Erntesaison nicht selbstverständlich und ein enormer Kraftakt war. Daher müssen nach Auffassung des DAH rechtzeitig, d. h. jetzt, Lösungen erarbeitet werden: Nicht kompatible Schienenbreiten der Eisenbahnnetze, Verzögerungen bei der Abfertigung an der Grenze zu Polen, LKW-Fahrermangel und eingeschränkte Beschiffbarkeit der Binnenwasserstraßen. Insbesondere die Verzögerung bei der Grenzabfertigung wird nach dem Importverbot mehrerer Anrainerstaaten der Ukraine mutmaßlich zunehmen, auch wenn der Transit möglich bleibt. Hier muss die EU-Kommission die Situation sehr aufmerksam beobachten und schnell eingreifen, wenn es hier zu systematischen Verzögerungen kommen sollte.
KURZ & KNAPP
Mitgliederversammlung des DAH am 22. Juni 2023
Die ordentliche Mitgliederversammlung des DAH findet am Donnerstag, 22. Juni 2023 von 13:00 – 16:00 Uhr in Mannheim statt. Die Einladung mit der Tagesordnung und weiteren Details sehen Sie hier.
Anmelden können Sie sich über folgenden Link: DAH-Mitgliederversammlung 22.06.2023
Streit um Naturwiederherstellungsgesetz in Brüssel eskaliert
Die Europäische Volkspartei (EVP) macht ihre Drohung wahr und steigt nun auch offiziell aus den internen Verhandlungen im Europaparlament zum Vorschlag der EU-Kommission für ein Naturwiederherstellungsgesetz (NRL) aus. Bekanntlich gibt der Kommissionsvorschlag unter anderem das Ziel vor, dass bis 2030 mehr als 20 Prozent der Land- und Meeresgebiete der EU und bis 2050 alle Ökosysteme in einen „guten“ Zustand überführt werden sollen. Mindestens 10 Prozent der Agrarflächen müssten demnach mit landschaftlichen Strukturelementen versehen werden.
Der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber begründete den Schritt mit der Gefahr einer deutlich niedrigeren Agrar- beziehungsweise Nahrungsmittelproduktion, sollte das NRL in seiner jetzigen Form verabschiedet werden. Es bedürfe zunächst einer umfangreichen Folgenabschätzung. Wie es nun mit dem NRL im Europaparlament weitergeht, ist offen. Der Landwirtschaftsausschuss hatte bereits für die Zurückweisung des Entwurfs gestimmt. Die Federführung für dieses Dossier hat allerdings der Umweltausschuss inne; hier steht eine Entscheidung noch aus. Auch aus anderen Parteien im Europäischen Parlament kam bereits deutliche Kritik.
Rapspreise rückläufig
Der Matif-Future auf Raps mit Fälligkeit im August 2023 hat Dienstag die Marke von
400 Euro/Tonne deutlich nach unten durchbrochen, nachdem diese psychologisch wichtige Linie bereits in der vergangenen Woche mehrmals „getestet“ worden war. Mittwochmittag kostete der Kontrakt auf neuerntige Ware 387,75 Euro/Tonne. Auf diesem Niveau hatte sich der Kurs zuletzt Mitte Juni 2021 bewegt. Der in der zweiten Maihälfte 2022 gestartete Abwärtstrend ist damit weiterhin intakt. Marktfachleute begründeten den Preisdruck unter anderem mit den optimistischen Prognosen für das diesjährige Rapsaufkommen in der EU. Ein weiterer Grund für den Abwärtstrend am Rapsmarkt sind die schwachen Vorgaben des
Chicagoer Terminmarktes für Sojabohnen. Das USDA veranschlagte die diesjährige Bohnenernte im eigenen Land zuletzt auf 122,7 Millionen Tonnen, nach nur 116,4 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr. Außerdem rechnen die Washingtoner Fachleute für Brasilen mit einem Spitzenaufkommen von 163 Millionen Tonnen; das wären 8 Millionen Tonnen mehr als im vergangenen Jahr. Für ein „bärisches“ Umfeld bei den Sojabohnen sorgten auch die zuletzt wieder deutlich rückläufigen Rohölpreise am Weltmarkt. In der Folge verbilligte sich auch Sojaöl.
EU-Nitratrichtlinie: Vertragsverletzungsverfahren eingestellt – hohe Strafzahlungen abgewendet
Heute, 1. Juni 2023, hat die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Nicht-Einhaltung der EU-Nitratrichtlinie eingestellt. Damit sind auch die drohenden, sehr hohen Strafzahlungen vom Tisch.
BGA-Konjunkturbarometer Mai 2023
Das Konjunkturbarometer Großhandel des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. vom Monat Mai 2023 ist erschienen.