Im Fokus Nr. 26 vom 06.07.2023
Deutscher Bauerntag in Münster
Am 28. und 29. Juni 2023 trafen sich Mitglieder und hochrangige Vertreter der Politik in Münster zur alljährlichen Mitgliederversammlung des Deutschen Bauernverbandes. In der Grundsatzrede des DBV-Präsidenten, Joachim Rukwied, erneuerte er die Forderung vor knapp 500 Delegierten, dass die Themen Klimaschutz und Ernährungssicherung fest im Grundgesetz verankert gehören. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen kritisierte der Präsident die Berliner Politik: Man brauche eine Regierung, die Sicherheit vermittele und das im gemeinsamen Tun zeige. Weitere Schwerpunkte waren der Umbau der Tierhaltung (bei einem Jahresverbrauch an Schweinefleisch pro Kopf von 29 Kilogramm kommen derzeit 11 Kilogramm aus dem Ausland), die Weidehaltung und der Wolf, Pflanzenschutzmitteleinsatz und das Bekenntnis zu Innovationen im Bereich der Züchtungsmethoden, bei einer Ablehnung von Biopatenten. Der zweite Tag begann mit einer Videobotschaft des Bundeskanzlers. Scholz hob die Rolle der Landwirtschaft gerade in schwierigen Zeiten wie diesen hervor und bekräftigte, dass die Bundesregierung die Landwirte im Wandel begleiten werde. Wichtig sei, dass Landwirte auch in Zukunft von ihrer Arbeit leben können müssen. Bundeskanzler Scholz folgte der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) Hendrik Wüst. 50 Prozent der Landesfläche in NRW werden landwirtschaftlich genutzt und das solle nach seiner Ansicht auch so bleiben. Das Thema Fläche spielte bei ihm eine große Rolle, so hob er auch die Problematik PV-Anlagen auf landwirtschlichen Flächen ab und bekam Zustimmung aus dem Auditorium. Man konnte einer guten Rede zuhören. Die Ausführungen des Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir hingegen waren nicht nur durch Beifall begleitet. Einen Schwerpunkt setzte er im Thema Tierhaltung und seinen Verdienst im Umbau dieser. Oftmals gab er die Schuld an mangelndem Handeln der Vorgängerregierung. Er stehe für die Veränderungen, aber nicht mit dem „Fallbeil“, diese gingen nur mit Planungssicherheit. Die Themen Krisenfestigkeit der EU-Eiweißversorgung und die Schaffung einer produktiven Landwirtschaft ohne Lebensgrundlagen zu zerstören, wurden ebenfalls angerissen. Mit Blick auf den Entwurf der Pflanzenschutzverordnung (SUR) äußerte er provokant, dass wohl keiner etwas gegen die 50 Prozent- Reduzierung haben könne – darauf gab es erhebliche „Buh-Rufe“ von den Mitgliedern. Er werde sich dafür einsetzen, dass die SUR hinsichtlich der Umsetzbarkeit angepasst würde. Alles in allem gab es inhaltlich nichts Neues, altbekannte Positionen wurden vertreten und die Rede mutete wie ein Wahlkampf an. Man muss ihm jedoch zugestehen, dass er sich sehr viel Zeit nahm und auch nicht die offene Aussprache mit den Delegierten scheute. Der Bauerntag 2023 schloss mit der Abstimmung der Münsteraner Erklärung, diese finden Sie hier.
Neue Züchtungstechniken: Gesetzesentwurf schafft Handelsbarrieren
Am 5. Juli 2023 veröffentlichte die EU-Kommission den lang erwarteten und bereits vorab durchgesickerten Entwurf einer Neuregulierung neuer Züchtungstechniken. Dieser hat ein großes Medienecho erfahren, viele Stakeholder (Verbände, Politiker, Wissenschaftler etc.) haben sich in den letzten Tagen positioniert. Wenig überraschend reichen die Reaktionen von vollständiger Ablehnung bis zu großer Zustimmung. Deutlich wurde, dass das Thema sehr emotional aufgegriffen wird, die Fragen des Umgangs mit Gentechnik bewegen die Gemüter in Deutschland besonders intensiv. Um zu sachgerechten Lösungen zu kommen, ist es entscheidend, verschiedene Fragestellungen voneinander zu unterscheiden und differenziert anzugehen. Vor allem müssen als Grundlage für eine Bewertung zunächst Kenntnisse über die Techniken und über den Rechtsrahmen vermittelt werden und dabei der langjährigen wissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiet der neuen Züchtungstechniken Gehör verschaffen.
Als AGRARHANDEL wollen wir in unserer Bewertung den Fokus darauf legen, welche Auswirkungen die Regelungen auf den nationalen und internationalen Handel haben können. Auch werden wir uns weiter damit beschäftigen, welche Bedenken die Ökohandelsbranche hegt. In einer ersten Einschätzung haben wir uns am Tag der Veröffentlichung mit folgender Pressemeldung geäußert:
Die EU-Kommission ist bemüht, wissenschaftsbasierte Regelungen zum Umgang mit neuen Züchtungstechniken (NZT) zu finden und gleichzeitig gesellschaftliche Bedenken aufzugreifen. Dies erkennt DER AGRARHANDEL (DAH) in seiner ersten Kommentierung des Gesetzentwurfs zur Abgrenzung von GVO und NZT an, der jetzt veröffentlicht wurde. „Die weitgehende Gleichbehandlung von NZT-Pflanzen mit herkömmlich gezüchteten Pflanzen entspricht dem Konsens der Empfehlungen zahlreicher unabhängiger Wissenschaftler und ist daher folgerichtig“, betont der Geschäftsführer des DAH, Martin Courbier. Dennoch sieht der Verband Probleme auf den Handel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen zukommen. „Die geplante Schaffung verschiedener Kategorien von Pflanzen, die durch neue Züchtungstechniken entwickelt wurden, zieht im Agrarhandel eine Trennung von Lieferströmen nach sich“, gibt Courbier zu bedenken. Der Regulierungsentwurf sieht vor, dass NZT-Pflanzen, die nicht in die Kategorie 1 fallen, dann vereinfacht in der sog. Kategorie 2 zugelassen werden können, wenn sie bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, die den Zielen des „European Green Deal“ entsprechen. Dieser politische Ansatz existiert in anderen Ländern der Welt nicht. In der Folge werden Pflanzen in der EU als Kategorie 2, weltweit aber als konventionell eingestuft. Unter diesen Umständen stellt sich die Frage, wie mit Konsumware dieser Kategorie im internationalen Handel rechtssicher umgegangen werden soll. Auch aus Sicht des Ökohandels bestehen noch Diskussionspunkte.
Mit Blick auf die Wettbewerbsgleichheit innerhalb der EU sorgt das vorgesehene Notifizierungssystem beim DAH für Bedenken. Dieses System gibt den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, „begründete Einwände“ vorzubringen. Aus welchen Gründen dies der Fall sein könnte, ist offen. „Wir sehen die Gefahr einer Politisierung, die Prozesse leicht aus dem Gleichgewicht bringen könnte und für Unsicherheiten sorgt“, so Courbier. Die letzten Jahre haben deutlich gezeigt, wie aufgeladen die Diskussion rund um NZT ist und wie leicht die Stimme der Wissenschaft überhört wird. „Es wäre wünschenswert, deutliche Grenzen und einen klareren Handlungsspielraum für solche “begründeten Einwände” festzulegen, um den Marktzugang zu erleichtern und bürokratische Hürden zu reduzieren“, fordert Courbier abschließend.
KURZ & KNAPP
Erzeugung von Sonnenblumenkernen auf Rekordkurs
Laut dem Internationalen Getreiderat (IGC) wird die globale Erzeugung von Sonnenblumenkernen 2023/24 angesichts voraussichtlich größerer Ernten in der EU-27 und der Ukraine einen neuen Höchstwert von 56,9 Millionen Tonnen erreichen. Das wären nicht nur rund 5 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor, sondern auch 1,6 Millionen Tonnen mehr als bislang erwartet.
UFOP – Erzeugung von Sonnenblumenkernen auf Rekordkurs
Fortsetzung des Getreideabkommens unsicher
Am 18. Juli 2023 endet das Abkommen über den freien Durchlass von ukrainischen Getreidelieferungen über das Schwarze Meer. Wie in der Vergangenheit wird es vermutlich bis zum letzten Moment unsicher bleiben, ob es zu einer Verlängerung kommt. Russland hat dies an verschiedene Bedingungen geknüpft. Dazu gehören nach einem Bericht der Financial Times ein Ende der EU-Sanktionen für die Rosselchosbank. Die russische Landwirtschaftsbank soll für die Abwicklung von Getreideexporten eine Tochtergesellschaft gründen mit Anschluss an das internationale Zahlungssystem (Swift). Außerdem soll Russland ein Ende des Embargos der EU für die Lieferungen von Landmaschinen und von Ersatzteilen fordern, um das Getreideabkommen zu verlängern. Laut Zeitungsberichten erwägt die EU Zugeständnisse an Russland, offiziell äußert sich die EU-Kommission bislang nicht.
EFSA-Studie zu Glyphosat veröffentlicht
Die Europäische Agentur für Risikobewertung EFSA hat eine Peer-Review-Studie zur Risikobewertung von Glyphosat veröffentlicht. Die Bewertung der Auswirkungen von Glyphosat auf die Gesundheit von Menschen, Tieren und die Umwelt ergab keine kritischen Bereiche, die Anlass zur Sorge geben. In den Schlussfolgerungen der EFSA werden einige Datenlücken genannt – als Fragen, die nicht abschließend geklärt werden konnten, oder als offene Fragen -, die die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten in der nächsten Phase des Verfahrens zur Erneuerung der Zulassung berücksichtigen müssen.
Im Hinblick auf die biologische Vielfalt erkannten die Experten an, dass die mit den repräsentativen Verwendungen von Glyphosat verbundenen Risiken komplex sind und von zahlreichen Faktoren abhängen. Sie stellten auch fest, dass es an harmonisierten Methoden und vereinbarten spezifischen Schutzzielen mangelt. Insgesamt lassen die verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu diesem Aspekt der Risikobewertung zu und Risikomanager können Maßnahmen zur Risikominderung in Betracht ziehen.
Die aktuelle Wirkstoffgenehmigung läuft im Dezember 2023 aus, es wird sich zeigen, welche Auswirkung die Einschätzung der EFSA auf eine etwaige erneute Zulassung haben wird, zu der es im Herbst in die heiße Phase der Abstimmung gehen wird.
Näheres zu der EFSA-Studie finden Sie hier.
August-Börse am 24. August 2023
Wir laden Sie herzlich ein zu unserer traditionellen AUGUST-BÖRSE des AGARHANDELS am Donnerstag, den 24. August 2023 von 14:30 – 18:00 Uhr im Ruder-Club Favorite Hammonia, Alsterufer 9, 20354 Hamburg.
Mit Blick auf die Alster im Herzen Hamburgs bietet die AUGUST-BÖRSE in neuer Location vielfache Gelegenheiten, Ihre Netzwerke auszubauen sowie neue Verbindungen zu knüpfen. Alle weiteren Informationen zur AUGUST-BÖRSE entnehmen Sie bitte dem Einladungsschreiben.
Zur Anmeldung gelangen Sie über die Einladung und auch hier: Anmeldung AUGUST-BÖRSE.