Im Fokus Nr. 30 vom 03.08.2023
EU-Agrarproduktion sollte über Nachhaltigkeit stehen
Die EU sollte die Produktivität ihrer Landwirtschaft nicht im Sinne der Nachhaltigkeit aufs Spiel setzen, da andere Länder den Produktionsrückgang nicht ausgleichen könnten, meint David Laborde von der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) in dieser Woche.
Der EU-Greendeal zielt darauf ab, Europa – auch im Agrar- und Lebensmittelbereich – zum globalen Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit zu machen. Bis 2030 soll der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln halbiert, der Düngemitteleinsatz um 20 Prozent reduziert und ein Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche dem ökologischen Landbau gewidmet werden. Viele Folgeabschätzungsstudien inklusive der vom DAH e.V. mitbeauftragten Studie der Uni Kiel warnen jedoch vor den Auswirkungen auf die Produktivität der europäischen Landwirtschaft.
Nach Ansicht von Laborde, Direktor der Abteilung für Agrar- und Ernährungswirtschaft bei der UN-Ernährungsorganisation FAO, muss Europa ein Gleichgewicht zwischen seinem außenpolitischen Handeln einerseits und seinen umwelt- und klimapolitischen Bestrebungen andererseits finden. Aus diesem Grund steht die EU vor der schwierigen Aufgabe, die richtige „Mischung aus Innen- und Außenpolitik“ zu finden.
Laborde gehörte zu den Koordinatoren des Berichts über den Stand der Lebensmittelsicherheit in der Welt (SOFI) 2023, der im Juli von der FAO und anderen vier UN-Organisationen – der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), dem Welternährungsprogramm (WFP) und dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) – veröffentlicht wurde. Der Bericht stellt fest, dass die Ernährungsunsicherheit, in Form von chronischem Hunger, Unter- und Mangelernährung, insbesondere bei Kindern, aufgrund der COVID-Pandemie, verschiedener Klimaschocks und lokaler Konflikte wie im Jemen, in Syrien und in der Ukraine zunehmen. Die Ausgabe 2023 der Studie zeigt aber erstmals auch, dass sich im Vereinigten Königreich und in Kontinentaleuropa mehr Menschen mit Ernährungsunsicherheit konfrontiert sehen, vor allem aufgrund von Wirtschaftskrisen und gestiegenen Lebenshaltungskosten. Die Rolle der EU bei der Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage von Nahrungsmitteln sollte nach Ansicht des UN-Beamten angesichts der Unsicherheit auf den Agrarmärkten nicht unterschätzt werden.
Der DAH e.V. hält die Ökologisierung der europäischen Landwirtschaft für sehr wichtig. Es geht um Nachhaltigkeit und Klimaschutz und diesen gemeinsamen übergeordneten Zielen sind wir verpflichtet, aber es kann nicht bedeuten, dass Europa seine (landwirtschaftliche) Produktivität opfert. Es geht vielmehr darum, wie die EU-Länder gleichzeitig eine nachhaltige Intensivierung und Produktivität erreichen können. Europas Rolle auf den Weltmärkten bleibt essenziell. Denn, je weniger Europa produziert, desto weniger wird es exportieren und desto mehr wird es auf den Weltmärkten nachfragen – und dieses Szenario würde zu Spannungen führen.
Und auch bei der EU-Kommission ist eine spürbare Verlangsamung bei der Umsetzung der Farm-to-Fork-Strategie zu verzeichnen, da die Staats- und Regierungschefs der EU einen Stopp neuer Umwelt- und Klimagesetze fordern und der rechte Flügel des Europäischen Parlaments sich gegen den Gesetzesvorschlag zum Naturschutz wendet. Eine wichtige Aufgabe der nächsten Europäischen Kommission im Bereich der Umweltpolitik wird also erstmal darin bestehen, sicherzustellen, dass die bereits vereinbarten Gesetze in den EU-Ländern ordnungsgemäß umgesetzt werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die vereinbarten Klima- und Energieziele der EU verfehlt werden.
KURZ & KNAPP
Zweiter Brief von Coceral an Kommissionspräsidentin von der Leyen
Am 2. August hat Coceral in Abstimmung mit dem ukrainischen Getreideverband die EU-Kommission aufgefordert, kurzfristig die folgenden Maßnahmen zu ergreifen, um (Getreide)Exporte über alternative Routen aus der Ukraine zu ermöglichen:
- Eröffnung „grüner Korridore“ zur Erleichterung der Durchfuhr von ukrainischem Getreide zu einer Reihe von Häfen im EU-Gebiet, insbesondere in den baltischen Staaten, Deutschland, den Niederlanden, Kroatien, Italien und Slowenien. Coceral schätzt, dass dies zusätzliche Exporte von 1 bis 1,5 Millionen Tonnen pro Monat ermöglichen würde.
- Darüber hinaus ist es von entscheidender Bedeutung, dass Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei die von ihnen verhängten Einfuhrbeschränkungen für Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumen dauerhaft aufheben.
Abstimmung im Europaparlament zum Vorschlag der Kommission “Einsatz von Pflanzenschutzmitteln”
Die Abstimmung im Umweltausschuss des EP über das umstrittene Dossier zur nachhaltigen Nutzung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) wurde auf den 24. Oktober verschoben, während die Plenarabstimmung auf der Tagung in Straßburg vom 20. bis 23. November stattfinden wird. Anfang des Monats war die Abstimmung im Agrarausschuss vom 19. Juli auf den 9. Oktober verschoben worden, was zu einem neuen Zeitplan führte. Ursprünglich sollte der Umweltausschuss im September über das Dossier abstimmen, während die Abstimmung im Plenum ursprünglich für die Oktober-Sitzung in Straßburg (2.-5. Oktober) vorgesehen war. Diese “Verzögerungstaktik”, die vor allem von der EVP-Fraktion und einigen rechten Fraktionen vorangetrieben wird, wurde von den Mitte-Links- und Linksfraktionen des Parlaments kritisiert. Die Mehrheit der EU-Agrarminister steht dem Vorschlag immer noch skeptisch gegenüber, wobei unter spanischer Ratspräsidentschaft bis Ende des Jahres eine Meinungsbildung abgeschlossen sein soll.
Handelsabkommen: Mercosur-Länder wollen EU einen Gegenvorschlag machen
Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Mercosur was bereits 2019 fertig verhandelt, jedoch nie ratifiziert worden. Nachdem im vergangenen Jahr die Gespräche wieder aufgenommen wurden, verhandeln beide Seiten aktuell über ein Zusatzprotokoll zum ursprünglichen Text.
Doch Brasilien fühlt sich von der aktuellen Fassung des Protokolls, das dem Abkommen zusätzliche Umweltgarantien hinzufügt, ungerecht behandelt. Die Regierung von Präsident Lula da Silva, der sich im Gegensatz zu seinem Vorgänger zum Umweltschutz bekannt hat, reagierte nun kurzfristig. Quellen zu folge strebe Brasilien einen Ausgleich für das Zusatzprotokoll in Form von höheren Quoten für Exporte in die EU oder niedrigeren Quoten für europäische Produkte, die an den Mercosur verkauft werden. Ferner wolle Brasilien auch neue Ausnahmen für die Öffnung staatlicher Käufe für ausländische Firmen in der Gesundheitsbranche, im öffentlichen Bauwesen und in der grünen Technologie anstreben.
Das brasilianische Außenministerium sowie die EU lehnten bisher aber eine Stellungnahme ab.
Die europäischen Länder hatten das Zusatzprotokoll als Reaktion auf den ehemaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro verfasst, während dessen Legislatur die Abholzung ein Hoch erreicht hatte. Obwohl Lula einen umweltpolitischen Kurswechsel eingeleitet hat, braucht die EU aus Sicht Europas auch weiterhin eine Absicherung gegen mögliche Umweltschäden. Brasilien befürchtet allerdings, das Addendum könnte zu Handelssanktionen führen. Darüber hinaus würden die neuen Regeln weit über die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens hinausgehen, an das sich das Land bereits halte.
Die EU hat davor gewarnt, dass bereits fertig verhandelte Abkommen wieder aufzuschnüren, da es zwei Jahrzehnte gedauert hat, ein erstes Abkommen zu erzielen. Brasilianische Diplomaten erklärten, sie würden versuchen, Zugeständnisse und Quoten zu optimieren, um nicht erneut Kapitel zu öffnen, die das gesamte Abkommen blockieren könnten.
WTO World Statistical Review 2023 veröffentlicht
Der Statistische Welthandelsbericht 2023 zeigt die jüngsten Trends im internationalen Handel in einer Zeit geopolitischer und makroökonomischer Spannungen und technologischer Herausforderungen, die die Weltwirtschaft und die Lieferketten beeinflussen. Die Daten umfassen den Handel mit Waren und Dienstleistungen, aufgeschlüsselt nach geografischer Herkunft, Hauptproduktgruppen und Sektoren, sowie damit verbundene Daten zu wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen wie BIP-Wachstum, Rohstoffpreise und Wechselkursschwankungen.
Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala sagt im Vorwort des Berichts: „In turbulenten Zeiten, die von geopolitischen Spannungen, schnellem technologischen Wandel und immer häufiger auftretenden Klima- und anderen Schocks gekennzeichnet sind, sind multilaterale Handelsabkommen sowie die WTO notwendiger denn je. Offener und berechenbarer Welthandel bietet Unternehmen und Verbrauchern die notwendigen Optionen, um unerwartete Versorgungsengpässe Engpässe zu bewältigen.“
BGA-Konjunkturbarometer Großhandel Juli 2023
Laut neuestem Konjunkturbarometer des BGA verzeichneten die Großhandelsumsätze nach den Daten des Statistischen Bundesamt (Destatis) im April einen weiteren und deutlichen Rückgang sowohl nominal als auch real. Die nominalen Umsätze sanken um 6,8 Prozent, während die realen Umsätze sogar um 7,3 Prozent zurückgingen. Diese Entwicklung spiegelt die derzeitige wirtschaftliche Schwäche wider, die auch die konjunkturelle Erholung erheblich verzögert. Die anhaltend hohen Preise führen zu Kaufkraftverlusten bei den Konsumenten und schwächen dadurch die Binnennachfrage. Zudem hat sich nach Einschätzung des Ifo-Instituts die Stimmung in den Unternehmen weiter verschlechtert.
Insbesondere im Produktionsverbindungshandel wird die wirtschaftliche Schwächephase deutlich erkennbar. Die Umsätze gingen im April nominal um 11,8 Prozent zurück und real liegen diese sogar 7,4 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Hingegen verzeichneten der sonstige Großhandel sowie der Handel mit landwirtschaftlichen Grundstoffen mit einem realen Anstieg von 11,4 Prozent bzw. 10,7 Prozent deutliche Zuwächse. Alle übrigen Branchen mussten reale Rückgänge verkraften. Der Konsumgütergroßhandel verzeichnete einen vergleichbaren Rückgang von 7,0 Prozent bei Betrachtung der realen Umsatzentwicklung, konnte jedoch nominal um 0,8 Prozent zulegen. Hier macht sich insbesondere der Einfluss der steigenden Lebensmittelpreise bemerkbar. Der Großhandel mit Lebensmitteln und Getränken legte nominal um 1,1 Prozent zu, musste einen Rückgang von 10,7 Prozent verzeichnen.
Die immer noch hohe Inflation belastet die Konsumenten weiterhin erheblich und schwächt die Kaufkraft. Während der wirtschaftlichen Aufarbeitung der Corona-Pandemie führten Lieferengpässe auf den Vorstufen zu einem steigenden Preisdruck, der schließlich auf die Verbraucherpreise durchschlug. Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine und der Energiekrise wurde Mitte 2022 der Höhepunkt erreicht. Seitdem haben sich die Preise auf einem hohen Niveau stabilisiert. Im März 2023 lagen die Einfuhrpreise aber erstmals wieder unter dem Vorjahresniveau. Der BGA erwartet eine ähnliche Entwicklung bei den Erzeuger- und dem folgend auch bei den Großhandelspreisen. Ein nachlassender Preisdruck dürfte sich positiv auf die Konjunktur auswirken. Ein nachlassender Preisdruck mit einem Einpendeln auf einem wieder stabileren Entwicklungspfad kann zur wirtschaftlichen Stabilisierung beitragen.
Destatis: Inflationsrate im Juli bei gut 6 %
Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Freitag vergangener Woche mitteilte, wird die Inflationsrate in Deutschland im Juli 2023 voraussichtlich +6,2 % betragen. Gemessen wird sie als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat. Im Juni 2023 hatte die Inflationsrate bei +6,4 % gelegen. Wie Destatis nach bisher vorliegenden Ergebnissen weiter mitteilt, steigen die Verbraucherpreise gegenüber Juni 2023 voraussichtlich um 0,3 %. Die Inflationsrate ohne Nahrungsmittel und Energie, oftmals auch als Kerninflation bezeichnet, beträgt voraussichtlich +5,5 % (Juni 2023: +5,8 %). Im Juli 2023 stiegen die Preise für Nahrungsmittel im Vergleich zum Vorjahresmonat mit +11,0 % weiterhin überdurchschnittlich. Der nun wieder etwas höhere Anstieg der Energiepreise mit +5,7 % liegt unter anderem an einem Basiseffekt durch einen Rückgang im Vorjahresmonat. Verursacht wurde dieser durch den Wegfall der EEG-Umlage zum 1. Juli 2022 als Maßnahmen des dritten Entlastungspakets der Bundesregierung.
BfR: Fragen und Antworten zu Mineralölbestandteilen in Lebensmitteln
Mineralölbestandteile können auf verschiedenen Wegen in Lebensmittel gelangen. Zum einen gibt es erwartbare Übergänge in Lebensmittel z. B. durch zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe, Additive zur Herstellung von Verpackungen oder während der Verarbeitung von Lebensmitteln. Zum anderen sind Einträge durch Umweltkontamination, landwirtschaftliche Maschinen, ungeeignete Transport- oder Verarbeitungsverfahren und Anreicherungen entlang der Nahrungskette möglich.
Vor diesem Hintergrund hat das BfR eine Einschätzung vorgenommen, ob von Mineralölbestandteilen in Lebensmitteln ein gesundheitliches Risiko ausgehen kann und häufig gestellte Fragen und Antworten zu Mineralölbestandteilen, die aus Verpackungen in Lebensmittel übergehen können, zusammengefasst.
Mackprang-Stiftung bedenkt die Otto Friedeberg-Stiftung mit großzügiger Spende
Die von dem 2018 verstorbenem Erich Mackprang in Hamburg gegründete Mackprang-Stiftung ist bekannt für ihre regelmäßige Unterstützung verschiedener gemeinnütziger Institutionen. Unter anderem Hamburg-Leuchtfeuer und die Lübecker Hospizbewegung durften sich in den vergangenen Jahren über Förderungen freuen.
In diesem Jahr hat die Mackprang-Stiftung auch die Otto Friedeberg-Stiftung wieder mit einer außerordentlich großzügigen Spende bedacht und fördert damit maßgeblich die Unterhaltung unserer Unterstützungsempfänger. Wir möchten uns hiermit sehr herzlich dafür bedanken und hoffen, dass auch andere anlässlich des 100jährigen Bestehens der Otto Friedeberg-Stiftung in diesem Jahr dem Ansinnen Erich Mackprangs folgen und mit einer Spende an die Otto Friedeberg-Stiftung ihre Verbundenheit zu unserer Branche zum Ausdruck bringen werden. Das Spendenkonto lautet: HypoVereinsbank; IBAN: DE91 2003 0000 0000 2005 35; BIC: HYVEDEMM300.
Mehr über die Arbeit der Otto Friedeberg-Stiftung erfahren Sie hier oder über unserer Geschäftsstelle.
August-Börse am 24. August 2023
Wir laden Sie herzlich ein zu unserer traditionellen AUGUST-BÖRSE des AGARHANDELS am Donnerstag, den 24. August 2023 von 14:30 – 18:00 Uhr im Ruder-Club Favorite Hammonia, Alsterufer 9, 20354 Hamburg.
Mit Blick auf die Alster im Herzen Hamburgs bietet die AUGUST-BÖRSE in neuer Location vielfache Gelegenheiten, Ihre Netzwerke auszubauen sowie neue Verbindungen zu knüpfen. Alle weiteren Informationen zur AUGUST-BÖRSE entnehmen Sie bitte dem Einladungsschreiben.
Zur Anmeldung gelangen Sie über die Einladung und auch hier: Anmeldung AUGUST-BÖRSE.