Im Fokus Nr. 35 vom 07.09.2023
Erste Sitzung der Arbeitsgruppe „Integrierter Pflanzenschutz“ des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz
In der letzten Sitzung des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) Ende 2022 wurde beschlossen, eine zusätzliche Arbeitsgruppe innerhalb des NAP zu gründen. Diese Gruppe wird sich auf die Weiterentwicklung des Konzepts des Integrierten Pflanzenschutzes (IPS) konzentrieren. Derzeit wird auf europäischer Ebene die Pflanzenschutzrahmenrichtlinie überarbeitet, in dieser sind die 8 Allgemeinen Grundsätze des IPS im Anhang III definiert. Ende August 2023 kam die nun neu gegründete Arbeitsgruppe erstmals in Berlin zusammen. Mehr als 50 Teilnehmer konnten verzeichnet werden, darunter die einschlägigen Agrarverbände, Vertreter der Bundesländer, der Bundesministerien und -behörden. Nach Aussagen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) soll die Arbeitsgruppe zur Stärkung des IPS beitragen. Man stehe in der Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln immer noch vor großen Herausforderungen, diese beträfen auch die Verbesserung des Zulassungsverfahrens, darüber hinaus möchte man eine Trendumkehr bei der Erteilung von Notfallzulassungen erreichen. In einem Beitrag des Julius Kühn-Instituts wurde betont, dass der IPS Teil des Integrierten Pflanzenbaus sei und man sich intensiver mit den vorbeugenden Maßnahmen befassen müsse. In der Weiterentwicklung des IPS müsse herausgearbeitet werden, auf welche Potenziale man in der Praxis aufbauen könne.
Wieviel generell im IPS schon erreicht wurde – darüber herrschten geteilte Auffassungen. Die Vertreter der Ökoverbände und NGOs waren der Meinung, dass in den letzten 20 Jahren nichts passiert sei. Es versteht sich von selbst, dass dieser pauschale Vorwurf auf Kritik stieß. Ein Aspekt, der mehrfach angesprochen wurde, ist die Überarbeitung der sektor- bzw. kulturartenspezifischen Leitlinien. Aktuell findet man auf der Website des NAP 12 anerkannte Leitlinien. Diese sollen unter Federführung des JKI überarbeitet werden, welche Prioritäten dabei gesetzt werden sollen, wird in einer der kommenden Sitzungen erörtert. Fakt ist: Der vorgesehene Zeitplan ist sehr ambitioniert, wenn man nicht nur die noch nicht verabschiedete SUR abbilden will. Darauf haben wir als Teil dieser Arbeitsgruppe auch hingewiesen.
Aktuell arbeitet das Bundesministerium auch an einem nationalen Reduktionsprogramm „Pestizide“ – ob aus Sorge, falls die Überarbeitung der Pflanzenschutzrahmenrichtlinie in Brüssel scheitert, bleibt in der Interpretation jedem selbst überlassen. Man wird in der Arbeitsgruppe zunächst einen Modus Vivendi der Zusammenarbeit finden müssen, wobei uns als DAH besonders wichtig ist, dass man nicht wieder in alte „Grabenkämpfe“ verfällt, sondern sachlich und emotionsfrei abarbeitet, was bereits erfolgt ist und wo noch Bedarf besteht.
EU-Civil Dialog Group Agrarmärkte tagte in Brüssel
Am 6. September 2023 fand die Sitzung der “Civil Dialogue Group on Agriculture Markets – Cereals, oilseeds and protein crops” der Europäischen Kommission in Brüssel statt.
Zu Beginn der Sitzung informierte die Europäische Kommission über das Erntemonitoring innerhalb der EU mit Schwerpunkt auf die extremen Wetterbedingungen und deren Einfluss auf den Ertrag in verschiedenen Regionen Europas. In der Zeit vom 1. Juli bis 13. August 2023 gab es anhaltende Regenfälle, die weite Teile von Nordwest-, Nordmittel- und Nordeuropa betrafen, während im Süden Hitzewellen vorherrschten. Die einzige Kultur, bei der die Ertragserwartung nach oben angepasst wurde, war die Sonnenblume. Dies war hauptsächlich auf die günstigeren Bedingungen in Spanien und Frankreich zurückzuführen, die die nachteiligen Auswirkungen auf die Erträge in Bulgarien ausglichen. Der reichliche Regen in vielen Teilen Nordwesteuropas war für Sommerkulturen vorteilhaft, führte jedoch zu Verzögerungen bei der Ernte von Winterkulturen und wirkte sich teilweise negativ auf die Qualitäten aus. Am stärksten betroffen waren Nordwestfrankreich, die Beneluxländer und große Teile Deutschlands. Hitzewellen und trockenere Bedingungen als üblich betrafen insbesondere Sommerkulturen in Bulgarien, Süd- und Ost-Rumänien, Tschechien und Zentralpolen. Starkregen sowie örtlich begrenzte, aber zahlreiche Gewitter und Hagelstürme führten zu erheblichen Schäden an Ernten in Norditalien, Slowenien und Kroatien. In Slowenien verursachten heftige Regenfälle Anfang August Überschwemmungen und weitreichende Schäden an landwirtschaftlichen Flächen.
Im Anschluss präsentierte die EU-Kommission die aktuelle Schätzung für die weltweite Weizenproduktion und bezog sich dabei hauptsächlich auf die Zahlen der Schätzung des Internationalen Getreiderates (IGC). Die Weizenproduktion bleibt danach konstant bei 784,1 Millionen Tonnen. Dafür wurden die erwarteten Endbestände um 2,3 Millionen auf 260,9 Millionen Tonnen nach unten korrigiert aufgrund erhöhten Verbrauchs. Die EU hat ihre Produktionsschätzung für Russland im Hinblick auf Weizen um 0,8 Millionen Tonnen auf 84,4 Millionen Tonnen gegenüber Juli angehoben. In der Ukraine unterbrachen indes – wie in Deutschland – Niederschläge immer wieder den Weizendrusch. Immerhin werden dort ordentliche Erträge erwartet, was die EU auf eine gleichmäßige Wasserversorgung während der Vegetationsperiode zurückführt. Entsprechend wurde die Produktionsschätzung um 1,3 Millionen Tonnen auf 24,5 Millionen Tonnen angehoben. Bei den Ölsaaten erwartet die EU in 2023/24 global gesehen eine um 8 Prozent auf 398,0 Millionen Tonnen steigende Sojaproduktion im Vergleich zum Vorjahr. Darin sind die südamerikanischen Frühjahrsernten 2023 enthalten. Wenn die für die Frühjahrsernte bestellte Fläche wie prognostiziert steigt, können die Ergebnisse auch noch höher ausfallen.
Des Weiteren wurde auf die Situation in der Ukraine eingegangen. Nach Ablauf des Schwarzmeerabkommens am 18. Juli 2023 wird der Export nur noch über die Solidaritätsrouten möglich sein, auf denen bis zum 15. September 2023 Exportbeschränkungen zum Schutz der Anrainerstaaten gelten. Die Kommission strebt jedoch an, die Leistungsfähigkeit der Solidaritätsrouten zu verbessern. Im August 2023 wurden über diese Routen bereits 4,1 Millionen Tonnen exportiert, die Kapazität soll auf 4,7 Millionen Tonnen pro Monat erhöht werden. Es wird auch in Betracht gezogen, zumindest teilweise die Transportkosten für ukrainisches Getreide zu den Exporthäfen zu übernehmen. Die Situation bleibt daher vorerst ungelöst, der DAH wird Sie weiterhin über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten.
Zum Schluss der Sitzung wurde der Düngemittelmarkt thematisiert, der sich nach Einschätzung der Kommission nach den Turbulenzen aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen und der Energiepreissituation wieder beruhigt habe.
Die Folien der Sitzung stellen wir Ihnen zeitnah zur Verfügung.
KURZ & KNAPP
Flächenverbrauch durch erneuerbare Energien
Die Ende 2021 durch Photovoltaik-Freiflächenanlagen beanspruchte Fläche betrug insgesamt rund 32.000 Hektar. Dies geht aus einer Antwort (20/8097) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/7849) zur „Flächeninanspruchnahme durch sogenannte erneuerbare Energien hervor.“
UFOP: Marktinformation Ölsaaten und Biokraftstoffe September 2023
Die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP) hat die September-Ausgabe der Marktinformationen Ölsaaten und Biokraftstoffe vorgelegt. In dem Bericht finden Sie alle weiteren Informationen und Zusammenfassungen.
UFOP-Marktinformation September 2023
Haushaltsdebatte im Deutschen Bundestag
Direkt nach der Sommerpause debattieren diese Woche die Parlamentarier den Bundeshaushaltsplan 2024. Im Agrarbereich sind Einsparungen vorgesehen. Dies betrifft unter anderem die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK), hier beteiligt sich der Bund dem Entwurf zufolge nur noch mit 840,26 Millionen Euro (2023: 1,13 Milliarden Euro). Andere Bereiche hingegen werden aufgestockt. Die Ausgaben für Marktordnung und Maßnahmen der Notfallvorsorge werden mit 227,96 Millionen Euro beziffert (2023: 210,44 Millionen Euro), die Ausgaben für „Nachhaltigkeit, Forschung und Innovation“ mit 367,7 Millionen Euro (2023: 46,86 Millionen Euro) und für „internationale Maßnahmen“ sieht der Entwurf 75,43 Millionen Euro vor (2023: 76,02 Millionen Euro). Für die Förderung des Umbaus der Tierhaltung sind wie in diesem Jahr 150 Millionen Euro eingestellt.
Lindner will E-Fuels betriebene Fahrzeuge von der KfZ-Steuer befreien
Finanzminister Lindner plant die Streichung der Kfz-Steuer für Autos mit E-Fuel-Antrieb so wie es schon für Elektroautos der Fall ist. Unter E-Fuels fallen viele unterschiedliche Kraftstoffe. Unterschieden wird zwischen Biokraftstoffen der ersten Generation und den fortschrittlichen oder synthetischen Kraftstoffen. Fortschrittliche Biokraftstoffe werden aus landwirtschaftlichen Abfällen hergestellt. Synthetische Kraftstoffe werden im Kern aus einer chemischen Reaktion von Wasserstoff gewonnen, der zuvor mittels Elektrolyse mit grünem Strom erzeugt werden muss, und CO₂, das aus Biogas entstammt. Das ist bislang noch sehr aufwendig und teuer. Tatsächlich haben E-Fuels zumindest theoretisch das Potenzial, den Verkehrssektor zu dekarbonisieren. Kritiker fordern jedoch, die begrenzt verfügbare Menge E-Fuels vorrangig für den Flug- und Schiffsverkehr sowie für die chemisches Industrie zu verwenden, um auch diese Sektoren in Richtung Klimaneutralität weiterentwickeln zu können.
Klimapolitische Sektorleitlinien für Exportkreditgarantien – BMWK richtet Außenwirtschaftsförderung stärker am Klimaschutz aus
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 25. Juli 2023 erst-mals Entwürfe für „Sektorleitlinien für Exportkreditgarantien der Bundesregierung“ (Hermesdeckungen) vorgelegt. Die Sektorleitlinien enthalten Entscheidungskriterien für die Übernahme von Exportkreditgarantien und führen erstmals einen klimapolitischen Maßstab ein. Sie betreffen die Sektoren Energie, Industrie und Transport. Eine Übertragung auf die Investitionsgarantien ist ebenfalls geplant und soll in Kürze erfolgen. Die Entwürfe der Sektorleitlinien sind im Interministeriellen Ausschuss und mit dem Bundeskanzleramt abgestimmt. Als nächster Schritt beginnt in der 30. KW die Konsultationsphase mit Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und NGO’s mittels eines Onlinefragebogens. Bis Ende August haben Interessierte die Möglichkeit, Stellungnahmen einzureichen.
Über den BGA werden wir uns in den Konsultationsprozess einbringen. Gerne halten wir Sie über die Entwicklungen auf dem Laufenden. Die Pressemittelung des BMWK zu den klimapolitischen Sektorleitlinien für Exportkreditgarantien finden Sie hier.
Deutlicher Rückgang der Getreideernte in Australien erwartet
Nach zwei Rekordernten in Folge wird 2023/24 die Produktion von Wintergetreide, Raps und Ackerbohnen in Australien deutlich kleiner ausfallen. Das australische Amt für die Land- und Rohstoffwirtschaft (ABARES) geht in seiner aktuellen Prognose von einer Druschmenge bei den Winterfrüchten von insgesamt 45,2 Millionen Tonnen aus, das wären rund 22,9 Millionen Tonnen oder 33,6 Prozent weniger als in der vorherigen Rekordsaison. Ein Teil des Rückgangs lässt sich auf die Einschränkung der Anbaufläche um gut 4 Prozent zurückführen. Maßgeblicher sind jedoch die regional zu geringen Niederschläge. Sollte das Wetterphänomen El Niño besonders stark ausfallen, könnte laut ABARES die Ernte wegen Trockenschäden noch kleiner ausfallen.